Metaphor ReFantazio
Spielzeit: 82 Stunden laut Steam; 35/44 Achievements: Alle Missionen abgeschlossen, Story beendet, alle Social Links und Tugenden gemaxt.
Ich versuche mein Review Spoiler-frei zu halten, aber ein bisschen was wird im Review natürlich schon erwähnt, das lässt sich nicht komplett vermeiden. Auf die ganzen Twists and Turns gehe ich aber nicht ein.
Das Spiel wurde im Vorfeld als Persona im Fantasie-Land beschrieben und die Darstellung ist nicht wirklich verkehrt. Die Zeitspanne ist um einige Monate verkürzt und der Schulalltag fällt natürlich weg, das tut dem Spiel aber nur gut. Die Reduzierung der Social Links von10 auf 8 Level, generell weniger Vertraute und auch ohne die Notwendigkeit auch noch Zwischenbesuche einzubauen hält die Links eher Kurz und Knackig und profitiert dadurch. Hier hat ATLUS mMn dazugelernt – ob man den Cast nun selbst besser oder schlechter findet als bspw. Persona 3, 4 oder 5 ist letztlich aber Geschmacksache. Liebeswerte, faszinierende Charakter findet man aber auch hier auf jeden Fall.
Was die Story wirklich gut macht ist ihren Antagonisten aufzubauen. Von der ersten Sekunde an, bereits im Intro, gibt es nie einen Zweifel daran gegen wen wir im Finale antreten werden. Und während des gesamten Spiels geraten wir immer wieder aneinander. Der Antagonist ist nicht einfach nur da oder taucht am Ende des Spiels zum Kampf auf, es ist eine durchgehende, würdige Rivalität vor und im Rennen um den Thron, ein echter Nemesis. Er hat eine Agenda, einen Traum und sowohl glaubwürdige Kräfte dies zu untermauern, wie auch verbale Argumente, die nicht völlig an den Haaren herbeigezogen sind. Natürlich bedient er dabei auch Klischees, wie die meisten Antagonisten, aber Louis wird als einer der besten Gegenspieler in die Videospielgeschichte eingehen, sowohl wegen seiner Präsenz, wie auch seinem Charisma und seiner Kraft. Die epischen Kämpfe gegen ihn tun ihr übriges.
Das Spiel hat über seine Spielzeit von etwa 80 Stunden allerdings immer mal wieder etwas Leerlauf - insbesondere die Side-Dungeons fühlen sich irgendwann gleich (auch optisch) und auch ein bisschen langweilig an. Dass man in manche sogar mehrmals geschickt wird hilft dabei erst recht nicht. Auf der anderen Seite kommt man mit seinen Aufgaben aber trotz des Kalendersystems gut rum. Bei mir ist da immer ein bisschen FOMO dabei, ich konnte aber eigentlich alles gut erledigen: Alle Missionen, Kopfgelder, alle Social Links und auch die Tugenden waren am Ende gemaxt/abgeschlossen. Selbst die Arena zu meistern war noch drin. Zwischendrin wird der freie Alltag dann natürlich aber auch immer wieder von der Story unterbrochen und es fühlt sich auch hier wesentlich mehr Story-Driven an als bei Persona. Was vielleicht auch daran liegt, das es regelmäßig an neue Orte geht und man nicht immer im gleichen Städtchen bleibt.
Insgesamt gibt es hier auch viele großartige Momente. Bspw. weiß man einfach das es episch wird, wenn einem ein JRPG in eine Oper einlädt – FF6 lässt hier besonders Grüßen, aber auch das Werk von ATLUS hier kann diesem Szenario würdig Konkurrenz bieten. Generell ist es eine fantastische Story die erzählt wird, mit einigen gewaltigen Twists and Turns, vor allem im letzten Drittel. Hier bedient man sich teilweise relativ vieler gewohnter Tropes, sei es der Big Info-Drop vor bzw. während dem Finale, Power of Friendship vs. Göttlicher bzw. Gottgleicher Macht wie auch dieses JRPG-typische, eigentlich völlig unnötigen Final Dungeon, obwohl es das hier eigentlich schon im Vorfeld gab und alles bereits klar ist und man nur noch die letzte Konfrontation sucht. Aber nein, natürlich lässt einen der Gegenspieler hier noch mal durch ein Gauntlet marschieren, damit man auch ja ordentlich geschwächt bei ihm ankommt(das es einem gleichzeitig aber auch noch mit High End Items ausstattet ist wohl ein Fehler im Design, heh). Ist für mich halt eher Nervig und nimmt noch mal das Momentum raus, nachdem man sich bereits von allen, der Welt und im Grunde auch dem Spiel verabschiedet hat und den Point of No Return erreichte um es nun endlich zu beenden. Da kann man einem auch gleich zum Endboss schicken, mMn. Aber das ist meckern auf hohem Niveau. Und das Spiel hält einen trotzdem an der Sitzkante, man will doch immer wissen wie es weitergeht und was als nächstes passiert.
Kämpferisch finde ich die Archetypes, insbesondere auch für die Gefährten, ein großer Schritt nach vorne. Vorbei sind die Zeiten, wo der Rest der Party eine fixe Persona hatte und bestenfalls ein bisschen über die Skills entscheiden konnte. Auch wenn es für den MC selbst ein paar Optionen mehr gibt, kann eigentlich jeder Gefährte völlig freigebaut werden, egal ob man ihn nun als Melee oder Range, als DPS, Tank oder Healer/Support hochziehen möchte. Und genau so kann man auch jederzeit wechseln. Archetypes kommen auch alle mit unterschiedlicher Ausrüstung daher, weshalb man mitunter auch mal den derzeitigen Build von der gefundenen Waffe abhängig machen kann, oder so. Aber Vielfalt wird eigentlich belohnt, einmal gemeisterte Klassen geben permanente Boni, für Folgeklassen sind oft verschiedene Basisklassen notwendig und man kann gelernte Skills auch an andere Archetypes vererben. Über die Zeit, vor allem im Endgame,hat einem das Spiel dann quasi einen gewaltigen Baukasten für seinen ganz eigenen favorisierten Build hergeben, und wie der Build dann aussieht entscheidet die eigene Spielweise. Für mich ist dieses Klassensystem nahezu an der Perfektion. Genau so stelle ich mir sowas eigentlich vor.
Wie schon erwähnt, ATLUS im Grunde das Beste aus SMT und Persona nicht nur zusammengetragen, sondern auch aus den Titeln gelernt und an den richtigen Schrauben zur Optimierung gedreht. Für mich ist es der beste Titel bisher und ein würdiger GotY-Kandidat. Perfekt ist das Spiel letztlich nicht - vor allem bei den Nebenquests ist noch Luft nach oben - und persönlich bin ich sogar der Meinung dass dem Spiel tatsächlich eher ein paar Stunden weniger ganz gut getan hätten. Aber als JRPG-Fan kommt man hier auf jeden Fall auf seine Kosten. Wer die Persona-Titel mag und von einer Fantasy-Welt nicht gänzlich abgeschreckt wird, kommt um den Titel sowieso nicht herum. Aber auch für alle Neueinsteiger lohnt sich hier der Blick.
9/10